image: Adrian Lück
Erinnerung als höchste Form des Vergessens
Akt I – Vortrag von Felicitas Kübler und Performance von Angelika Waniek
21.11.2024, 18 Uhr / Oberlichtsaal der Stadtbibliothek Leipzig
Vortrag von Felicitas Kübler:
Vom Abwerfen und Erfahren der Vergangenheit: Ein widersprüchliches Modell des Gedenkens
Performance von Angelika Waniek:
Abwurfstelle
Moderation & Gespräch: Nanne Buurman
Der Vortrag „Vom Abwerfen und Erfahren der Vergangenheit: Ein widersprüchliches Modell des Gedenkens” von Felicitas Kübler thematisiert Formen der Erinnerungskultur. Dabei analysiert sie „leere” Formen des Erinnerns als Phänomene kapitalistischer Vergesellschaftung und skizziert Vorschläge für eine Erinnerungspraxis als Möglichkeit einer gegenwärtigen Gesellschaftskritik. Die Performance „Abwurfstelle“ von Angelika Waniek hinterfragt erzählerisch ein solches sinnentleertes Gedenkritual.Die Veranstaltung bildet den ersten Akt des mehrteiligen Ausstellungsprojekts „Erinnerung als höchste Form des Vergessens“ der Künstlerin Ute Richter in Zusammenarbeit mit Angelika Waniek, kuratiert vom Kunstraum IDEAL. Das Projekt ermöglicht künstlerische Arbeitsprozesse zur Erinnerungspolitik und bietet einen Gesprächsraum, um historische und aktuelle Formen öffentlichen Erinnerns zu reflektieren und deren Symbolik zu hinterfragen.
Felicitas Kübler
"Vom Abwerfen und Erfahren der Vergangenheit: Ein widersprüchliches Modell des Gedenkens"
Individuelles Erinnern ist für uns zentral. Vor allem für westliche Gesellschaften sprechen wir seit einigen Jahren von einem Memory Boom. Es werden neue Denkmäler gebaut, Museen eröffnet, Gedenkveranstaltungen begangen. Sei es die Erinnerung an den Nationalsozialismus, die koloniale Vergangenheit Deutschlands oder die Teilung: uns steht eine unglaubliche Bandbreite an literarischen, künstlerischen, erzieherischen und materiellen Zeugnissen der Vergangenheit gegenüber. Diese Zeugnisse haben jedoch nicht nur den Anspruch, symbolisch auf die Vergangenheit zu verweisen, sondern sollen zugleich gesellschaftliche und politische Relevanz für die Gegenwart entfalten. Das Vergangene wird mahnend konnotiert und soll nicht wiederholt werden – insbesondere in Bezug auf die Erinnerung an den Nationalsozialismus. Dieser Anspruch wird durch die zunehmende Salonfähigkeit rechter Diskurse, Zustimmung zu rechten Parteien und Politiken und nicht zuletzt rechte Gewalt radikal in Frage gestellt. Zugleich laufen Gedenkstätten Gefahr, zu Orten leerer Symbolpolitik zu werden - kritisch lakonisch zusammengefasst im Begriff der „Kranzabwurfstelle“.
Der Vortrag nimmt diese Problematik zum Anlass, um eine dialektische Perspektive auf die ambivalente Funktionsweise von Erinnerungsorten zu entwickeln. Felicitas Kübler schlägt vor, Orte kollektiver Erinnerungen als gesellschaftliche Phänomene anzuerkennen, welche in die kapitalistischen Verhältnisse eingelassen sind, die alles Gesellschaftliche kommodifizieren und somit auch das Erinnern von kapitalistischen Logiken wie Abstraktion und Tauschprinzip beeinflusst wird. Gleichzeitig sind Erinnerungen und ihre materiellen Bezüge auch Orte, welche Möglichkeiten des emphatischen Bezuges zur Vergangenheit sowie seiner Gegenwärtigkeit und des Eingedenkens zulassen. In diesem Moment kommt ihnen eine gesellschaftskritische Funktion zu, über den sie sich den kapitalistischen Formen und ihren ursächlichen Verhältnissen entziehen kann. Vor dem Hintergrund gesellschaftstheoretischer Überlegungen stellt sich die dringliche Frage, warum wir scheinbar so wenig aus der Vergangenheit gelernt haben und welche Wege uns die Gedenkkultur öffnen können, um diese Muster zukünftig zu durchbrechen?
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Das dreiteilige Ausstellungsprojekt ist in enger Zusammenarbeit von Ute Richter mit Angelika Waniek, Clara Hofmann und Gregor Peschko entwickelt worden. Die Grafik des Projektes und das Banner wurden mit den Grafiker:innen Nelly Nakahara und Gerrit Brocks umgesetzt.
Mit freundlicher Unterstützung von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, dem Kulturamt der Stadt Leipzig, der Stiftung Kunstfonds, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem sächsischen Förderprogramm Sehnsucht nach Freiheit. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.
image: Adrian Lück
Erinnerung als höchste Form des Vergessens
Akt I – Vortrag von Felicitas Kübler und Performance von Angelika Waniek
21.11.2024, 18 Uhr / Oberlichtsaal der Stadtbibliothek Leipzig
Vortrag von Felicitas Kübler:
Vom Abwerfen und Erfahren der Vergangenheit: Ein widersprüchliches Modell des Gedenkens
Performance von Angelika Waniek:
Abwurfstelle
Moderation & Gespräch: Nanne Buurman
Der Vortrag „Vom Abwerfen und Erfahren der Vergangenheit: Ein widersprüchliches Modell des Gedenkens” von Felicitas Kübler thematisiert Formen der Erinnerungskultur. Dabei analysiert sie „leere” Formen des Erinnerns als Phänomene kapitalistischer Vergesellschaftung und skizziert Vorschläge für eine Erinnerungspraxis als Möglichkeit einer gegenwärtigen Gesellschaftskritik. Die Performance „Abwurfstelle“ von Angelika Waniek hinterfragt erzählerisch ein solches sinnentleertes Gedenkritual.Die Veranstaltung bildet den ersten Akt des mehrteiligen Ausstellungsprojekts „Erinnerung als höchste Form des Vergessens“ der Künstlerin Ute Richter in Zusammenarbeit mit Angelika Waniek, kuratiert vom Kunstraum IDEAL. Das Projekt ermöglicht künstlerische Arbeitsprozesse zur Erinnerungspolitik und bietet einen Gesprächsraum, um historische und aktuelle Formen öffentlichen Erinnerns zu reflektieren und deren Symbolik zu hinterfragen.
Felicitas Kübler
"Vom Abwerfen und Erfahren der Vergangenheit: Ein widersprüchliches Modell des Gedenkens"
Individuelles Erinnern ist für uns zentral. Vor allem für westliche Gesellschaften sprechen wir seit einigen Jahren von einem Memory Boom. Es werden neue Denkmäler gebaut, Museen eröffnet, Gedenkveranstaltungen begangen. Sei es die Erinnerung an den Nationalsozialismus, die koloniale Vergangenheit Deutschlands oder die Teilung: uns steht eine unglaubliche Bandbreite an literarischen, künstlerischen, erzieherischen und materiellen Zeugnissen der Vergangenheit gegenüber. Diese Zeugnisse haben jedoch nicht nur den Anspruch, symbolisch auf die Vergangenheit zu verweisen, sondern sollen zugleich gesellschaftliche und politische Relevanz für die Gegenwart entfalten. Das Vergangene wird mahnend konnotiert und soll nicht wiederholt werden – insbesondere in Bezug auf die Erinnerung an den Nationalsozialismus. Dieser Anspruch wird durch die zunehmende Salonfähigkeit rechter Diskurse, Zustimmung zu rechten Parteien und Politiken und nicht zuletzt rechte Gewalt radikal in Frage gestellt. Zugleich laufen Gedenkstätten Gefahr, zu Orten leerer Symbolpolitik zu werden - kritisch lakonisch zusammengefasst im Begriff der „Kranzabwurfstelle“.
Der Vortrag nimmt diese Problematik zum Anlass, um eine dialektische Perspektive auf die ambivalente Funktionsweise von Erinnerungsorten zu entwickeln. Felicitas Kübler schlägt vor, Orte kollektiver Erinnerungen als gesellschaftliche Phänomene anzuerkennen, welche in die kapitalistischen Verhältnisse eingelassen sind, die alles Gesellschaftliche kommodifizieren und somit auch das Erinnern von kapitalistischen Logiken wie Abstraktion und Tauschprinzip beeinflusst wird. Gleichzeitig sind Erinnerungen und ihre materiellen Bezüge auch Orte, welche Möglichkeiten des emphatischen Bezuges zur Vergangenheit sowie seiner Gegenwärtigkeit und des Eingedenkens zulassen. In diesem Moment kommt ihnen eine gesellschaftskritische Funktion zu, über den sie sich den kapitalistischen Formen und ihren ursächlichen Verhältnissen entziehen kann. Vor dem Hintergrund gesellschaftstheoretischer Überlegungen stellt sich die dringliche Frage, warum wir scheinbar so wenig aus der Vergangenheit gelernt haben und welche Wege uns die Gedenkkultur öffnen können, um diese Muster zukünftig zu durchbrechen?
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Das dreiteilige Ausstellungsprojekt ist in enger Zusammenarbeit von Ute Richter mit Angelika Waniek, Clara Hofmann und Gregor Peschko entwickelt worden. Die Grafik des Projektes und das Banner wurden mit den Grafiker:innen Nelly Nakahara und Gerrit Brocks umgesetzt.
Mit freundlicher Unterstützung von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, dem Kulturamt der Stadt Leipzig, der Stiftung Kunstfonds, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem sächsischen Förderprogramm Sehnsucht nach Freiheit. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.